Schwieger mutters Liebling

Elio de Angelis hat eine deutsche Freundin und fühlt sich in der Pfalz zu Hause

Das Klischee vom Millionärssohn paßt ganz hervorragend: ein schwerreicher Vater, ein wunderschöner Name, Rom als Geburtsstätte. Dazu spielt er konzertreif Klavier, hat Jura und Volkswirtschaft studiert, Manieren wie ein Gentleman und lebt seit fünf Jahren in Monaco. Kurz Elio de Angelis ist der Traum-Sohn aller Schwiegermütter.

lnge Kittelberger, Frau eines Ludwigshafener Bauunternehmers, muß es wissen. Sie spricht aus, was vermutlich alle Schwiegermütter dieser Erde über eben diesen Elio de Angelis sagen würden „Er ist ein Schatz!”

Der Schatz lächelt milde, und die Schwiegermutter in spe fährt fort: „Als es vor ein paar Monaten zwischen Ute und Elio kriselte, habe ich furchtbar g·eweint.” Das Happy-End ließ aber nicht lange auf sich warten: „Der Elio war Schneller wieder da, wie er ausgezogen ist.” De Angelis grinst, räuspert sich, nippt an seinem Sektglas – und dementiert nicht. „Ich bin gern in Ludwigshafen”, spricht der Römer Der Weitgereiste, Verwöhnte, Wohlhabende zufrieden eingebettet in ein Deutsches Familienidyll?

Es scheint so. De Angelis lächelt dezent und vermerkt mit leiser Stimme „Ich fühle mich hier zu Hause. Italien sagt mir nicht mehr viel.

Zuviel Kriminalität, zuviel Chaos – da sehe ich keine Zukunft.”

In Ludwigshafen läßt er sich’s wohl sein. „Der Elio gehört zur Familie”, erklärt Fritz Kittelberger, Utes Vater. „Er fühlt sich hier so daheim, daß er manchmal nachts um eins noch mal aufsteht und Spaghetti kocht.”

Wie sehr sich de Angelis in der Pfalz heimisch wähnt, dokumentiert auch sein Privatwagen. Der weiße Porsche 944 ist in Ludwigshafen zugelassen. „Bei den Kittelbergers werde ich wie ein ganz normaler Mensch behandelt”, freut sich der Römer, „in Italien dagegen hält man mir bis heute ineine Herkunft vor – reicher Sohn – und sonst nichts!„

Ein Thema, bei dem der Lotus-Pilot ernst wird: „Der Erfolg, den ich mir im Motorsport erarbeitet habe, ist für die Italiener sekundär Da heißt es immer nur, daß mir mein Vater zu Beginn meiner Karriere geholfen hat. Was ich danach daraus gemacht habe, interessiert keinen.”

Trotzdem hat er in Rom noch Freunde. Und natürlich in Ludwigshafen. Dort feiert er die Feste, wie sie fallen – und malträtiert im Keller der Kittelbergers das Klavier. Eine künftige Zweit-Karriere als Musiker kann er sich durchaus vorstellen. Deren Start aber wird von seinen Rennerfolgen abhängen. „In sechs Formel-1-Jahren bin ich reifer und gelassener geworden”, befindet de Angelis, „habe das Geschäft wohl so ziemlich im Griff und rechne mir ernsthafte Chancen auf die Weltmeisterschaft aus.”

Der Grund? „Lotus ist heute wieder ein Siegerteam – und wir werden gemeinsam Erfolg haben.” Seinen neuen Teamkollegen Ayrton Senna fürchtet er nicht: „Schnell sein ist nicht alles.”

Dann beschreibt de Angelis den Stoff; aus dem seiner Meinung nach die Meister von morgen sind· Schnell muß einer sein, abgeklärt, gefaßt, intelligent, eher motiviert denn ehrgeizig. „Natürlich braucht man auch Glück”, fügt er hinzu und nimmt dabei das Mädchen an seiner Seite sanft in den Arm.

Seit mehr als drei Jahren begleitet Ute Kittelberger – Beruf Mannequin – ihren Elio zu den Rennen. Sie kommentiert das mit nachdenklicher Miene: „Ich bin gern dabei. Aber ich würd’ lieber mit ihm durch die Welt fahren, ohne dauernd Rennstrecken zu besuchen.” Darauf de Angelis, ganz Kavalier: „Ich na deiner Stelle würde das ganz genauso sehen.”

© 1985 Auto Zeitung • By Burkhard Nuppeney • Published for entertainment and educational purposes, no copyright infringement is intended

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